Verhalten von Heterodera schachtii Populationen bei veränderten Temperaturen
Der Einfluss der Temperaturveränderungen zwischen 1970-1990 und 2011-14 auf die Populationsdynamik von Heterodera schachtii
Die Anwendung des Lesliemodells auf Daten von 2011 bis 2014 (Standort Elsdorf, Rheinland, 50°56'21N, 6°33'48E) zur Analyse von Hyperspektraldaten hat gezeigt, dass a) die jährlichen Temperatursummen (zur Basis 8 °C, TS8) wesentlich höher als für den Entwicklungszeitraum (1971-1992) sind, und b) die Vermehrungsraten des Nematoden überproportional zugenommen haben, entsprechend der Dynamiken, die früher als seltenes Ereignis, z.B. 1983, stattgefunden haben. Das hier vorgestellte Lesliemodell mit dem interagierenden Zuckerrübenmodell ist anhand der Temperaturdaten der Jahre 1973 bis 1993 entwickelt worden. Dabei ergaben sich im Durchschnitt folgende Szenarien für den Wirt (Abb. 1a) und die Nematoden (Abb. 1b), wie immer, inklusive der Streuung, bzw. der 95%-Quantile. Sowohl über die Dichte als auch über die Zeit unterliegt das System großen Varianzen.
Im mittleren Modellverhalten (Mediane) sind die nematodenbedingten Verluste gering, aber sowohl die zeitliche als auch die Ertragsstreuung beider Modellkomponenten sind, bedingt durch die Varianz der Temperaturen innerhalb der 20 Jahre, relativ hoch. Fügt man jetzt die Dynamiken anhand der Temperaturen von 2011 - 14 hinzu, ergibt sich folgendes Bild:
Zwei Phänomene sind im direkten Vergleich zu beobachten: sowohl bei der Zuckerrübe als auch bei den Nematoden ist die Verschiebung auf der Zeitachse offensichtlich. Die Verläufe, die bei heutigen Temperaturen beobachten werden, sind auch schon früher aufgetreten. Der Unterschied ist aber, das die aktuellen Verläufe von 2011-2014 alle im oberen Quantil (=Limit) verlaufen, während es sich im Zeitraum von 1973-93 dabei um Ausnahmen handelte. Für beide Systeme ist eine Beschleunigung der Entwicklungsprozesse von 2-3 Wochen zu erkennen. Die (simulierten) Rübenerträge rangieren in den oberen Bereichen (Abb. 2a), Ertragsmengen, die durchaus realistisch sind für die 4 Jahre auf der Versuchsfläche. Interessanterweise ist der Rübenmehrertrag ausschließlich durch die Temperatur begründet, und nicht durch irgendwelche neue Sorten.
Zur besseren Darstellung der temperaturbedingten Unterschiede in der Nematodenentwicklung wird in den Abbildungen 3 a, b auf die relevanten Stadien fokussiert. Sowohl die mittlere Anzahl von Larven als auch Zysten treten früher und in wesentlich höheren Anzahlen auf (Abb. 3 a, b).
Am deutlichsten wird der Effekt des veränderten Temperaturmusters ab 2011 in der Dynamik der Zysten dargestellt (Abb. 4). Als das Modell entwickelt bzw. kalibriert wurde, wurden aus der (simulierten) Anzahl von Zysten gegen Ende der Vegetationsperiode (ab Tag 300) die Ausgangspopulation für den kommenden Zuckerrübenanbau bestimmt. Mit den typischen Sterberaten unter Nichtwirten der Fruchtfolge konnte dabei ein akzeptabler Schätzer für die Pi Werte zur nächsten Saat Zuckerrübe prognostiziert werden (Abb. 5). Inzwischen stagniert die Zystenpopulation im Herbst nicht mehr (grüne Linie ab Tag 270 in Abb. 4), sondern wächst, bedingt durch die temperaturbeschleunigte Zystenentwicklung (und wahrscheinlich auch eine zunehmende Wirtskapazität bezüglich H. schachtii) im Oktober stark an (ockerfarbene Linie in Abb. 4). Anhand der Streuung ist ersichtlich, dass solche Ereignisse auch schon früher aufgetreten sind. Als Beispiel dienen die Beobachtungen von 1983 (entsprechend "Jahr 13" in Abb. 5), ein Jahr mit hohen Temperaturen (und Temperatursummen (TS8) über 1700 °C) und eines massivem Populationsanstiegs, der die Population zur nächsten Saat Zuckerrübe ("Jahr 16") auf schadensrelevante Dichten angehoben hat (Abb. 5). Dieser Zuwachs in den Jahren 2011 bis 2014, ähnlich wie 1983, bedeuten sehr hohe Vermehrungsraten mit Populationswerten von 10000 E&L/100 ml Boden im nächsten Frühjahr. Solche Werte wurden in den Versuchen nur vereinzelt dokumentiert. Scheinbar sind solche Werte in der Praxis noch nicht aufgetaucht. Was weiterhin auffällt: das Maximum der herbstlichen Zystenentwicklung ist noch lange nicht erreicht, es muss zukünftig mit noch höheren Populationen gerechnet werden.
Das Thema dieser Seite war nicht geplant, auf der Suche nach Möglichkeiten zur Dichteschätzung und Prognose der Populationsdynamik von H. schachtii mit Hilfe der Hyperspektraltechnologie hat es sich zufällig ergeben.